SEEDRUCKLEITUNGEN: RISIKOBEWERTUNG VON DRUCKLEITUNGEN DER SIEDLUNGSWASSERWIRTSCHAFT IN ÖSTERREICHISCHEN SEEN

Universität für Bodenkultur Wien

Department Wasser-Atmosphäre-Umwelt

Zielsetzung

Seedruckleitungen wurden ab Beginn der 1970er Jahre an mehreren Seen in Österreich im Zuge der Errichtung der Abwasserentsorgung der jeweiligen See-Anrainergemeinden errichtet. Viele dieser Leitungen wurden nur in einfacher Ausführung (d.h. ein Strang) ausgeführt. Eine nachträgliche Parallelführung der Abwasser-Druckleitungen wurde auch zu einem späteren Zeitpunkt nur selten durchgeführt. Da die verwendeten Leitungen ihre damals kalkulierte Lebensdauer von 50 Jahren in naher Zukunft erreichen, stellte sich nun die Frage nach dem von ihnen ausgehenden Risiko, insbesondere in Verbindung mit der starken touristischen Nutzung der betroffenen Seen.

Eine zentrale Aufgabe innerhalb dieser Studie war die Erhebung des Zustandes der in Österreich verlegten Seedruckleitungen. Neben den Abwasserdruckleitungen wurden auch die Trinkwasserdruckleitungen in den betroffenen Seen erhoben. Die damals verwendeten Rohrmaterialien waren hauptsächlich Polyethylen, nur in Ausnahmefällen Gusseisen. Es wurden im Zuge dieser Studie 17 Seen mit Abwasser-Seedruckleitungen und 8 Seen mit Trinkwasserleitungen identifiziert, wobei in 7 Seen sowohl Trink- als auch Abwasser-Seedruckleitungen verlegt sind. In Summe wurden rund 190 km seeverlegte Einzel- und Parallelleitungen erhoben (Abwasserentsorgung ca. 160 km, Trinkwasserversorgung ca. 30 km). Bei der Erfassung des aktuellen Zustandes von Seedruckleitungen werden mehrere Methoden betrachtet, wie z.B. die (i) Pumpendatenauswertung, (ii) lagemäßige Erfassung der am Seegrund liegenden Seedruckleitung, (iii) optische Innenrohrinspektion und (iv) Druckprüfung, sowie die Vertreter der permanenten Messmethoden wie die (v) elektronische Druckmessung und (vi) Durchflussmessung.

Für die Ermittlung des Risikos der jeweiligen Abwasser-Seedruckleitung wurde ein Risikoziel definiert. Dieses Risikoziel entspricht einem fiktiven Schaden einer Seedruckleitung mit der ungewollten Freisetzung von Abwasser in den See. Es kommen zwei Arten der Betrachtung bezüglich der Auswirkung auf den See und die Menschen zur Anwendung: Außerhalb der Badesaison liegt die Auswirkung auf den Nährstoffhaushalt des Sees im Fokus der Betrachtung, innerhalb der Badesaison erfolgt die Abschätzung der Auswirkung auf die Badenden mit dem Indikatorkeim E.coli.

Eine Form der probabilistischen Risikoanalyse wurde so modifiziert, dass die Risikoanalyse von Seedruckleitungen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Faktoren, die auf das Gesamtrisiko Einfluss haben können, vorgenommen werden konnte. Die bisher bekannt gewordenen Schadensfälle der Leitungen wurden erhoben, zusammengefasst und für die Analyse statistisch ausgewertet. Jede einzelne Leitung wurde anhand der Daten, die vom jeweiligen Betreiber zur Verfügung gestellt wurden, nach der erarbeiteten Methode bewertet. Danach konnte eine Reihung der Leitungen anhand der resultierenden Risiko-Maßzahl abgeleitet werden. Die Risikoanalyse benennt die relevanten Beiträge, die durch Schwachstellen des Seedruckleitungssystems bestimmt sind, zum jeweiligen Gesamtrisiko.

Eine Identifikation von generischen risikominimierenden Maßnahmen, wie zum Beispiel Überwachungsstrategien, wurde ebenfalls durchgeführt. In Bezug auf die Handlungsempfehlungen wurden Verbesserungen zur Minimierung des bestehenden Risikos während des Betriebs und der Überwachung angeführt. Diese sind unter anderen betrieblichen Vorschriften (inklusive der Überwachungsstrategien), Erprobung von Handlungsabläufen wie Taucheinsätze oder Reparaturen sowie angemessene Maßnahmen der Behörden mit Fokus auf die EU Badegewässer-Richtlinie.

Die Überlegungen zu einer Grobkostenschätzung für den voraussichtlichen zukünftigen Finanzierungsbedarf waren geprägt von der Minimierung des Risikos einer ungewollten Abwassereinleitung in den betroffenen See durch entsprechende Maßnahmen. Dazu wurden je Maßnahme zwei Hauptkriterien mit unterschiedlichen Grenzen definiert. Daraus konnte ein überschlägiger Finanzierungsbedarf jedes betroffenen Sees ermittelt werden.

Bezüglich der auf die Betreiber zukommenden Investitionen, im Falle eines Neubaus einer Seedruckleitung aus dem bisher meistverwendeten Material Polyethylen, wurde eine Kostenschätzung sowie im Ansatz ein Kostenvergleich für landseitig/seeseitig verlegte Seedruckleitungen durchgeführt. Der überschlägige Finanzbedarf ergibt bei Berücksichtigung aller Maßnahmen eine Summe von rund € 15,9 Mio., wobei hier als maßgebender Kostenfaktor der Bau neuer Seedruckleitungen zu nennen ist.

Als ein Aspekt einer betrieblichen Vorschrift wurde ein Stufenplan zur Überwachung der Seedruckleitungen entwickelt, der aktuell aus fünf Methoden in Anlehnung an die Überwachungsstrategie für Abwasser-Seedruckleitungen besteht.

Beim Ausblick wurde auf innovative Lösungen bezüglich des Problems der Molchung bei nur einer vorhandenen Seedruckleitung, sowie der Leckage-Ortung in Seedruckleitungen mit Hilfe der faseroptischen Temperaturmessung eingegangen. Bei ausgewählten Seedruckleitungssystemen wurden Maßnahmenvarianten auf ihren risikominimierenden Beitrag hin im Vergleich untersucht. Das Potential der Methodik liegt also darin, den risikominierenden Beitrag verschiedener Verbesserungsmaßnahmen in Relation zum Aufwand ihrer Implementierung setzen zu können. Zuletzt wurden objektive Überlegungen für eine zukünftige Verlegung von neuen Druckleitungen in Seen angestellt.